Trainer sind auch nur Menschen! Warum?
Am Wochenende habe ich einem guten Freund und Kollegen von meiner ersten Langdistanz berichtet, worauf hin wir irgendwann beim Thema Abnehmen landeten und er fragte mich recht zögerlich fragte: "Du sag mal Lucas, warum hast du eigentlich keinen Sixpack? Du bist doch Personaltrainer!" Volltreffer, ich musste schlucken und antwortete mit einem leichten schmunzeln: "Weil Trainer auch nur Menschen sind." Ich fühlte mich irgendwie ertappt, ein Unbehagen machte sich in mir breit, als hätte ich etwas verbrochen. Dabei war die Frage nicht ganz unberechtigt und mit Sicherheit auch nicht böse gemeint, dennoch beschäftigt sie mich schon einige Tage. So sehr, dass ich jetzt mit euch drüberschriebe.
Warum ich kein Sixpack habe und meine Muskeln nicht völlig definiert sind, obwohl ich als Ernährungs- und Personaltrainer über das fachliche Wissen verfüge, ist ganz einfach. Weil ich trotz meiner Qualifikationen ein ganz normaler Mensch bin und auch bei mir ab und zu das Leben dazwischen kommt, mit demselben beruflichen Stress, Zeitmangel, Familienfeiern und und und. Herrlich, wie viele Ausreden es gibt, oder? Mir würden noch so einige einfallen, warum wir nicht so fit sind oder aussehen wie es uns wünschen, doch es gibt nur einen wahren Grund: "Weil wir uns nicht 100 % dafür entschieden haben!" (Ausgenommen sind natürlich Menschen mit wirklichen gesundheitlichen Einschränkungen.)
Müssen wir uns also einfach nur dafür entscheiden? Ja und Nein. Wir müssen uns
grundsätzlich erst einmal dafür entscheiden, allerdings ist der Start nicht ganz so einfach. Heutzutage gibt es zwar eine Vielzahl an Information im Internet und jede 3te Zeitschrift im Kiosk trägt den Titel, Schlank in.. Abnehmen mit..., So werden Sie Fit..., Sommerdiät.., Wunder... .Um die guten von den schlechten Informationen zu differenzieren, muss man tiefer in das Thema Fitness & Ernährung eintauchen, fast schon studieren. Was von alledem wirkt wirklich, was ist wissenschaftlich bewiesen und kann uns langfristig gesund und fit halten? Fragen, mit denen ich mich schon eine Weile beschäftige. Doch müssen wir alle wissen, wie eine Banane ins kleinste Detail auf unseren Körper wirkt? Ich denke nicht, aber wir sollten verstehen, was wir tun und warum, statt einfach irgendwas zu glauben. Mal abgesehen von den ganzen irreführenden Werbeversprechen und Wundermitteln, die im Endeffekt der Gewinnmaximierung und nicht unser wohl im Sinn haben. Auch die Lebensmittelindustrie hat mit ihren tausenden Inhaltsstoffen, von denen wir die Hälfte kaum aussprechen, geschweige den zuordnen können, nicht gerade unsere Gesundheit im Sinn. Aber ich schweife schon wieder ab...

In der Buchhaltung auszusehen wie ein Fitnessmodel und unter dem Hemd ein Sixpack zu verstecken war für mich einfach nicht wichtig genug. Ich will damit nicht sagen, dass ich nicht gerne ein Sixpack gehabt hätte, ganz im Gegenteil. Aber für jedes Ziel braucht man eine Motivation, sein eigenes warum und für mich gab es andere Dinge die ich bislang priorisiert habe. Es liegt jedoch nicht nur an mir, sondern auch an meinem Umfeld.
Die soziale Komponente spielt eine erhebliche Rolle, welche wir oft gar nicht bemerken. Seien wir mal ehrlich, wenn die Familie oder Freunde zu Besuch kommen, bereiten die meisten von uns was Leckeres zu essen zu, servieren gut gefüllte Teller, statt nur eine kleine Portion, welche dennoch ausreichen würde. Schließlich soll jeder satt werden. Sicherheitshalber gibt es abends noch ein paar Snacks, wie wäre es mit ein paar Salzstangen, Chips oder Nüsse? Klingt gar nicht so weit hergeholt, oder? Dreht man den Spieß jetzt mal um, und geht in Gedanken zu den Schwieger- oder Großeltern zu Besuch, werden die wenigsten einen halbvollen Teller zurückgeben, nur weil sie satt sind oder gar den Nachtisch ablehnen. Ist es also auch ein gesellschaftliches Problem? Meiner Meinung nach ja, denn auch wenn unser engeres Umfeld es mittlerweile wissen müsste, werden auch wir teilweise sehr komisch angeschaut, wenn wir zur Fastenzeit keinen Zucker essen und unser eigenes Essen mitbringen. Untermalt werden die Blicke mit, ihr habt es doch gar nicht nötig, ihr seit doch schlank, etc. Es spielt hier überhaupt keine Rolle, ob wir abnehmen wollen oder nicht. Das Hauptproblem ist die Veränderung, das Neue, das Unbekannte, das schlechte Gewissen oder gar den Neid, den wir in unserem Gegenüber auslösen.
Teilweise versteht unser Gegenüber gar nicht, wie wichtig uns eine Sache ist und wir fühlen uns unverstanden. Statt den Kopf in den Sand zu stecken, solltest Du hier lieber die Initiative ergreifen und dem anderen klarmachen, wie wichtig es ist und vielleicht sogar verraten warum. Es ist eine Investition die sich definitiv lohnt. Ich scheine auf mein Umfeld mitunter auch ganz anderes zu wirken. Zur letzten Fastenzeit durfte ich mir mal wieder anhören, wie leicht mir alles fallen würde. Es ging um den Start in die Fastenzeit, die Zeit in der viele mit Entzugserscheinungen zu kämpfen haben oder sich schwertun auf ihre alten Gewohnheiten abzulegen. Anscheint würde mir diese Umstellung nichts ausmachen und ich könnte wahllos von heute auf morgen auf alles verzichten, dabei könnte die Wahrheit nicht ferner liegen. Mein Körper reagiert auf Nährstoffe, sowie Reize genauso wie andere. Gerade wenn ich mich über einen längeren Zeitraum sehr zuckerlastig ernährt habe, fällt es mir unheimlich schwer auf Schokolade zu verzichten. Für gewöhnlich esse ich nicht ein Stück und bin dann glücklich, sondern höre erst dann auf, wenn die Tafel leer ist. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, ob ich sie zwischendurch zurück in den Schrank gelegt habe, weil ich mir vorgenommen habe nur eine Reihe zu essen. Mir die Schokolade einzuteilen. Nein, ich stehe wieder auf, hole sie aus dem Schrank und esse sie auf. Während unserer 395 Tage zuckerfrei Challenge hatten wir sicherheitshalber erst gar keine zuckerhaltigen Lebensmittel zu Hause und glaubt mir, hier kommt die wirkliche Sucht ans Tageslicht. Erstens, weil einem erstmal bewusst wird, in welchen Lebensmitteln überall Zucker drin versteckt ist und zweitens drückt unser Gehirn allein bei der Vorstellung auf etwas verzichten zu müssen auf den Alarmknopf und löst Entzugserscheinungen aus. Wir haben zum Start unserer Challenge fast zwei große Kartons mit Lebensmittel aussortiert und an unsere Familien und Freunde verteilt, um nicht in Versuchung zu geraten.
>> Dennoch war ich den Entzugserscheinungen ausgeliefert. <<
Ich habe mehr als einmal den Entschluss gefasst, mir Schokolade zu kaufen. Habe mich angezogen und auf den Weg zum Supermarkt gemacht, zwar habe ich einen gewählt, der weiter weg ist um Schritte zu sammeln. Doch dort angekommen, lief ich wie ein Junkie direkt in die Süßigkeitenabteilung, stand vor dem Regal und überlegte, was ich am liebsten essen würde und dennoch am "gesündesten" sei. Also drehte ich jede Schokolade um, verglich die Nährstoffe und legte alle sie erstmal zurück ins Regal. Vielleicht doch lieber Gummibärchen oder Kekse? Das ganze Spiel ging von vorne los. Es verging fast 1 Stunde bis ich alle Nährwerte verglichen hatte und zu mir sagte: "Nein, ich will es schaffen. Leg das Zeug weg, kauf dir ein Wasser, einen Apfel oder eine Banane." Klingt vielleicht etwas idiotisch aber genauso kämpft mein innerer Schweinehund mit meinem Verstand. Am Ende habe ich im Übrigen einen Apfel und eine Banane gekauft, was vielleicht vom Fruchtzucker nicht optimal ist, aber mal ehrlich ein Apfel und eine Banane sind tausendmal nährstoffreicher als eine 200 g Tafel Schokolade. Irgendwie schon ganz schön bescheuert, oder?
Die gerade beschriebene Situation kam leider mehrmals vor und zeigt, wie sehr unser Gehirn auch Belohnung getrimmt wurde, bzw. wir ein positives Gefühl mit etwas Süßen verbinden. Mich hat hier definitiv nur mein festgestecktes Ziel und der Wille dies zu erreichen gerettet. Ich wollte nicht versagen, ich wollte meine Freundin nicht enttäuschen. Ich wollte mir beweisen, dass es in der heutigen Zeit möglich ist zuckerfrei zu leben.
Es kann aber nicht nur über den Willen gehen. Früher oder später wird das Gefühl von Verzicht stärker, das Verlangen größer und wir letztendlich irgendwann schwächer. Mir wurde schnell klar, dass das WARUM auf unserem Weg eine unbestreitbar wichtige Rolle spielt. Es ist nicht damit getan, kurz an der Oberfläche zu kratzen. So nach dem Motto: "Weil, es mir wichtig ist!", "Weil, ich abnehmen will!", "Weil, ich sportlich aussehen will!", "Weil ich gesund sein will!". Das sind tolle Gründe, doch was löst das Bedürfnis in uns, in mir, aus?
>> Erkennen wir die Ursachen, können wir bewusst nach Lösungen suchen, statt nur die Wirkung zu bekämpfen. <<

Ich kann durchaus sagen: "Ich esse keine Schokolade mehr, weil diese mich dick macht." Aber bekämpfe ich so nur die Wirkung oder habe ich auch das eigentliche Problem gefunden, den Auslöser? Sicherlich nicht, dabei ist es ganz einfach und die kleinsten machen es uns vor. Ich rede von "und warum? und warum? und warum?". Fragen, die den ein oder anderen Erwachsenen ganz schön aus der Reserve locken können, dabei ist die Warum Frage einer der effektivsten Methoden der Ursache auf dem Grund zugehen.
Mit der 5 maligen Warum frage zu arbeiten ist kein Hexenwerk. Du startest mit Deinem Problem bzw. beschreibst den Sachverhalt. Als nächstes gehst Du mit Dir selbst oder mit einer anderen Person in einen Dialog und fragst nach dem "Warum". Diesen Vorgang wiederholst Du fünfmal, obwohl die Anzahl nicht in Stein gemeißelt. Manchmal findest Du die Ursache bereits nach 3 Warums, in anderen Situationen erst nach 5 oder 6. Wichtig ist, dass Du Dich mit der Antwort nicht so schnell zufrieden gibst, sondern nochmal tiefer bohrst.
Überlegen wir, wie wir die 5-W´s nutzen könnten.
Sachverhalt: "Ich möchte abnehmen!"
Warum möchte ich abnehmen? Weil, ich schlank sein möchte.
Warum möchte ich schlank sein? Weil, ich fitter sein möchte.
Warum möchte ich fitter sein? Weil, ich dann mehr unternehmen kann.
Warum möchte ich mehr unternehmen? Weil, ich so mehr Menschen treffe.
Warum möchte ich mehr Menschen treffen? Weil, ich mich ... .
Du merkst, es kann schnell tiefer gehen und man kommt zu den wahren Bedürfnissen. Es gibt kein richtig und kein falsch und auch nicht die perfekte Antwort. Es ist ein Prozess, der Zeit braucht aber sehr lohnenswert ist. Sei geduldig mit Dir und nimm Dir alle Zeit, die Du dafür brauchst. Du wirst sehen, dass sich manche Antworten mit der Zeit verschieben. Mit dieser Methode kannst Du im übrigen auch Dein gewünschtes Ziel hinterfragen. Ersetze einfach das "Warum" mit dem "Wofür oder Weshalb" und Du wirst in Deiner Zielentwicklung konkreter. Der wahre Kern, versteckt sich dahinter und führt oft Richtung mangelnde Selbstliebe. Erst, wenn Du Dich selbst annehmen kannst und lernst Dich zu lieben, wirst Du Deinem Körper intuitiv guten tun. Dich fit halten mit einer Sportart, die Dir Spaß macht und fast wie selbstverständlich anfangen Dich gut zu ernähren und Dich nicht mit Fastfood vollstopfen. Sieh es als Chance.
>> Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens. <<
Was soll ich damit anfangen?
Dieser Frage und meinen Warum´s werde auch ich erneut auf den Grund gehen.
Ich hoffe, Dir hat der Beitrag gefallen und Dir geholfen, Deine Ziele auch mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Lass mir gerne ein Kommentar da. Ich freue mich, von Dir zu lesen.